Reisen auf Borneo: Bei Orang Utans, auf Urwaldflüssen und im Langhaus der Kopfjäger (Teil 4)


by Jörg Günther
Unser Programm in und um Kuching haben wir gestern mit dem Stadtrundgang „White Rajah Trail“, einer Halbtagestour aus unserem Kuching-Programm, sowie mit Hotelbesichtigungen und einem Besuch des Büros Sarawak unserer Partneragentur Diethelm Travel Malaysia begonnen.
Heute wollen wir uns mit eigener Muskelkraft per Kajak auf dem Oberlauf des Sarawak-Flusses (bekannt als Semadang River) bewegen! Vorher folgen wir aber gern der Empfehlung von Reiseleiterin Nikki, auf dem Weg zum Ausgangspunkt der Kajaktour dem „Semenggoh Wildlife Centre“ einen Besuch abzustatten.
Bei den „Menschen des Waldes“
Das Zentrum für Orang Utans und andere Tiere Borneos wurde bereits 1975 im Semenggoh-Naturreservat, nur 24 Kilometer von Kuching entfernt, gegründet. Primäres Anliegen der Einrichtung ist es, aus Gefangenschaft befreite oder elternlose Tiere auf ihre Auswilderung und ein freies Leben im Dschungel vorzubereiten.
Die Orang Utans hier leben halbwild und können sich frei im weitläufigen Dschungelareal und im Zentrum bewegen. Wenn sie hungrig sind, haben die Affen um 09.00 und 15.00 Uhr die Möglichkeit, sich an der Futterstelle zu laben. Da das Zentrum kein Zoo oder Tierpark ist, gibt es also keine Garantie dafür, die „Menschen des Waldes“ auch tatsächlich bei jedem Fütterungstermin zu sehen.
Wir haben heute Glück, denn als wir nach der Sicherheitseinweisung durch die Ranger des Zentrums über einen Dschungelpfad zur Aussichtsplattform an der Futterstelle kommen, müssen wir nicht lange warten und sehen schnell „unseren“ Orang Utan auf Borneo!
Ein Muttertier mit seinem Baby und ein weiterer weiblicher Orang Utan konnten den Lockrufen der Ranger und dem Duft der Bananen nicht widerstehen. Sie genießen das Obst auf der Plattform und führen uns nebenher noch allerlei Kletterkunststücke an extra gespannten Seilen und an den Ästen der Urwaldriesen vor.
Wir genießen diesen faszinierenden Anblick und sind dankbar, dass sich die anderen Besucher heute ebenfalls beinahe andächtig ruhig und den Vorgaben der Ranger entsprechend verhalten. Wie wir erfahren haben, soll das leider nicht immer so sein. Ich bin allerdings wieder einmal traurig darüber, dass auch bei guten Smartphones mit der Zoomfunktion der Kameras de facto nichts anzufangen ist.
Nach den Affendamen sehen wir auf dem Rückweg vom Futterplatz nun auch noch ein junges männliches Tier. Der „Halbstarke“ spaziert die Wege des Zentrums entlang, zieht sich dann aber doch in die Baumwipfel zurück, als wir uns nähern.
Wir sind uns schnell einig, dass ein Besuch in Semenggoh immer dann uneingeschränkt zu empfehlen ist, wenn er auf dem Weg zu oder von anderen Programmen eingebaut werden kann. Für Tierliebhaber lohnt sich auch das Soloprogramm „Orang Utans & Tiere Borneos“ mit Transfer ab/an Hotel Kuching. Hier würden wir allerdings wegen der höheren Sichtungswahrscheinlichkeit die Vormittagstour zur Morgenfütterung empfehlen!
Pitschnass auf Borneo
Es wird ernst! Im Dorf Bengoh des Bidayuh-Stammes angekommen, lassen wir Schuhe, Strümpfe und alles überflüssige Gepäck im Auto zurück. Man weiß ja schließlich, dass Paddeln zur feuchten Angelegenheit werden kann.
Bald sind wir mit Schwimmwesten und Paddel ausgestattet, lassen die Kajaks zu Wasser und fahren – zunächst chaotisch, später in leidlich geordneter Formation – los.
Viel Erfahrung beim Paddeln haben auch wir nicht, aber einige Touren im Spreewald und auf Brandenburgs Seen erweisen sich nun als nützlich.
Für den künstlerischen Gesamteindruck bekommen wir hohe Noten. Was den sportlichen Wert betrifft, so sind wir in unserer Altersklasse ohnehin allein am Start…
Natürlich passiert schon in den ersten leichten Stromschnellen, was zu erwarten war! Wasser schwappt ins Boot und was Sitzmulden waren, sind nun kleine Wasserbecken. Was der Fluss und wir selbst nicht schaffen, gelingt den Guides und unseren Mitpaddlern, denn schon bald sind diverse Wasserschlachten im Gange. Nein, für diesen Spaß im tropischen Klima und mit badewannenwarmem Flusswasser sind auch wir noch längst nicht zu alt!
Der Umstand, dass die Sitze der modernen unsinkbaren Wildwasserkajaks kaum über eine Lehne verfügen, macht unseren Rücken allerdings doch ganz schön zu schaffen. Wir sind daher froh über die Pause für ein rustikales, aber sehr schmackhaftes Mittagessen, dass unser Fahrer Poh Heng und andere Helfer in der Versammlungshalle eines weiteren Bidayuh-Dorfes zubereitet haben.
Stromschnellen und Untiefen nehmen nach der Mittagspause ab und der Semadang fließt nun zunehmend ruhiger dahin. Mit wenig Kraftaufwand kommen wir jetzt schnell flussabwärts vorbei an Kalksteinformationen und Sandbänken in Richtung Endpunkt der Tour voran. An einer Sandbank gibt es vorher noch eine weitere Pause. Als beste Methode der Abkühlung erweist sich dabei ein Bad in voller Montur im Fluss!
Fazit: Das Programm „Paddeln im Regenwald von Borneo“ gehört zu unseren schönsten Ausflügen auf Borneo für Naturliebhaber und aktive Gäste! Man muss kein Kajak-Experte sein, um diese Tour zu bewältigen, sollte aber etwas körperliche Fitness mitbringen.
Top Seafood im „Top Spot“
Auf der Rückfahrt von der Kajaktour nach Kuching diskutieren wir mit Nikki – die eigentlich Nicole heißt und aus dem bayerischen Wallgau kommend hier in Kuching ihr Glück gefunden hat – die Lokalität für unser Abendessen. Nikki ist entsetzt, dass ich noch nie im „Top Spot Food Court“ war, obwohl das bereits mein dritter Besuch in Kuching ist. Da Elke ohnehin Seafood liebt, ist die Entscheidung dann schnell gefallen!
Der „Top Spot Food Court“ befindet sich im Zentrum Kuchings, nur wenige Schritte von den Hotels Pullman und Hilton entfernt auf dem Dach eines mehrstöckigen Parkhauses.
Gemütlichkeit und Ruhe sucht man in diesem riesigen Freiluftlokal vergebens, dafür gibt es Lokalkolorit pur!
Aufgrund der großen Popularität bei Einheimischen und Gästen Kuchings sind die Besucherzahlen enorm, so dass Fisch und andere Meeresfrüchte immer frisch auf den Teller kommen! Man sucht sich die (rohe) Ware an einer der vielen Garküchen aus, lässt auswiegen und auspreisen, verhandelt die Art der Zubereitung und wartet dann schließlich am Tisch, bis serviert wird. Fliegende Händler verkürzen die Wartezeit mit diversen Getränkeangeboten.
Also wir sind begeistert von unseren gegrillten Tiger Prawns (Riesengarnelen) mit Knoblauchbutter und chinesischem Gemüse und schließen uns den vielen Empfehlungen für den „Top Spot“ an!
Ins Langhaus der Kopfjäger
Wie oft mag Poh Heng die bestens ausgebauten Straßen von Kuching über Serian nach Lachau und weiter zum Batang-Ai-Stausee oder zum Lemanak River mit seinem Van schon gefahren sein? Schließlich sind Ausflüge zu den Langhäusern der Ibans, den ehemaligen Kopfjägern Borneos, eines der beliebtesten Touristenprogramme ab/an Kuching. Beispiele dafür aus unserem EAT-Programm sind „Best of Sarawak“ oder „Fluss-Safari zum Langhaus der Kopfjäger“ und „Gesichter Borneos”.
Um verschiedene Unterbringungsmöglichkeiten für unsere Gäste kennenzulernen, haben wir uns entschieden, zunächst im „Aiman Batang Ai Resort & Retreat“ (zum Zeitpunkt unserer Reise noch „Batang Ai Longhouse Resort – managed by Hilton“) am gleichnamigen Stausee zu übernachten und dann am nächsten Tag von dort aus ein echtes Langhaus zu besuchen.
Unsere ersten Stopps auf dem etwa 250 Kilometer langen Weg nach Batang Ai sind der große Freimarkt von Serian und eine Pfefferplantage. Auch nach vielen Asienreisen mit Marktbesuchen entdecken wir in Serian wieder neue Gemüsesorten und essbare Pflanzen. Diverse Ingwerblüten und wieder einmal die Fischabteilung erwecken unsere besondere Aufmerksamkeit! Im chinesisch geprägten Städtchen Lachau, einem alten Posten für den Grenzhandel mit dem indonesischen Teil Borneos, gibt es nach dem 2. Drittel der Fahrstrecke eine Mittagspause. Mit Nikkis Hilfe finden wir hier auf dem Markt die passenden Mitbringsel für unseren Langhausbesuch und sogar Ersatz für meine beim Paddeln ruinierten Badelatschen!
Dank frühzeitiger Abfahrt von Kuching ist es uns wie erhofft gelungen, die Fähre um 14:30 Uhr zu schaffen, die uns nun in einer knappen halben Stunde über den Stausee zum Resort bringt. Wir reisen zum Glück mit leichtem Gepäck und haben die Koffer in Kuching gelassen, denn jetzt bei Niedrigwasser steigen wir viele Stufen von der Anlegestelle hinauf zur Rezeption des weitläufigen Resorts.
Bedenkt man, wie weit wir hier im Dschungel von vielen Errungenschaften moderner Zivilisation entfernt sind, dann bieten die Gebäude im traditionellen Langhausstil erstaunlich komfortable Zimmer mit Dusche, WC und Klimaanlage. Zweifel an der Hoteltauglichkeit einer Langhausarchitektur müssen jedoch erlaubt sein, denn die riesige Gemeinschaftsfläche vor den Zimmern bleibt genau so verwaist wie der endlos lange Gemeinschaftsbalkon. Um die Pflege und Instanthaltung der vielen Langhäuser und der riesigen Anlage scheint es jetzt im Juli 2015 auch nicht zum Besten bestellt, dennoch kann man es sich hier gemütlich machen und wir genießen den Rest des Tages am Pool und lauschen dem Lied des Dschungels.
Wir wünschen den neuen Besitzern des Resorts und vor allem dem neuen Management viel Erfolg beim Neuanfang in 2016!
Jetzt aber auf zu einem echten Langhaus! Am nächsten Morgen nehmen wir die Fähre zurück zur Staumauer und fahren von dort mit unserem Van an den Lemanak-Fluss. In einer winzigen Siedlung wartet ein Iban-Ehepaar mit seinem Langboot bereits auf uns. Wie wir erfahren sind die beiden heute unsere Gastgeber. Zunächst muss sich die Frau im Bug des Bootes beim Paddeln und Staken aber ganz schön anstrengen, um den Gatten am Außenbordmotor zu unterstützen und unser Boot über die Untiefen des Niedrigwasser führenden Lemanak flussaufwärts zu bugsieren.
Nach 45 Minuten Bootsfahrt treffen wir gleich beim Anlegen den Häuptling des Langhauses beim Einholen der Fischernetze. Vom Flussufer steigen wir wenige Meter hinauf zum Langhaus und werden von dessen Bewohnern freundlich auf der Gemeinschaftsfläche empfangen. Auf diesem breiten „Korridor“, der etwa die halbe Breite des Langhauses auf dessen gesamter Länge einnimmt, spielen sich weitgehend das soziale Leben und Teile des Arbeitslebens der Dorfgemeinschaft ab. Hier werden auch Gäste bewirtet und zum Schlafen untergebracht. Außen vor der Gemeinschaftsfläche befindet sich – ebenfalls über die gesamte Länge des Hauses – eine große Veranda, auf der u.a. Getreide und Wäsche getrocknet wird. Bei unserem Besuch lässt man dort gerade frischen Pfeffer fermentieren und zu schwarzem Pfeffer trocknen.
In der anderen Hälfte des Langhauses befinden sich die abgetrennten privaten Wohn- und Schlafbereiche der einzelnen Familien. Wir dürfen den Privaträumen des Häuptlings einen Besuch abstatten und einen Blick in die Küche unserer Gastfamilie werfen, die gemeinsam mit Poh Heng schon bei der Vorbereitung unseres Picknicks ist.*
* Fleisch und Geflügel für die Zubereitung von Speisen im Langhaus oder für das Picknick werden bei jeder Tour frisch in Kühlboxen von Kuching mitgebracht. Bei den Programmen mit Übernachtung schlafen Sie auf der Gemeinschaftsfläche des Langhauses. Für diese Übernachtung sind Matratzen, Kissen und Moskitonetze im Langhaus eingelagert. Decken, Kissenbezüge, Bettlaken und Handtücher kommen bei jeder Tour frisch gereinigt aus Kuching. Neben dem Langhaus gibt es einen einfachen Sanitärbereich mit Dusche und WC, der nur unseren Gästen zur Verfügung steht.
Kriegstänze der Ibans und ein Picknick im Fluss
Während die Kinder des Dorfes noch viel Spaß mit Elke und deren Smartphone-Videos haben, bereiten sich einige Damen und „Krieger“ der Nachfahren der Kopfjäger Borneos schon auf die Vorführung traditioneller Iban-Tänze vor. Zum Tanz lockert dann ein Gläschen Reiswein „Tuak“ die Glieder, und natürlich müssen die Gäste unbeholfen mittanzen…
Wir haben nun noch Zeit, unser Geschick beim „Jagen“ mit dem traditionellen Blasrohr zu testen. So schlecht schneiden wir dabei gar nicht ab, aber die Zielscheibe war eben auch nur 3 Meter entfernt! Es folgt ein Spaziergang durch die Umgebung des Langhauses. Dabei sehen wir u.a. eine Ananasplantage und verschiedene Arten von Tierfallen, die die Ibans bis heute für die Jagd verwenden.
Wir sind wieder im Boot und flussabwärts auf der Suche nach einer geeigneten Insel im Fluss für unser Picknick unterwegs. Nachdem wir fündig geworden sind, wird ein Feuer entfacht, über dem schnell ein provisorischer Grillrost aus festem Maschendrahtzaun für Brathähnchen und Schweinefleisch platziert ist. Außerdem werden die vorbereiteten und gefüllten Bambusrohre am Feuer in Stellung gebracht, in denen nun (mit Bananenblatt umwickelt) Gemüse, Reis und Geflügel sanft garen werden.
Natürlich tragen der romantische Platz im Fluss und die exotische Art der Zubereitung das ihre dazu bei, dass wir es uns nach kurzer Zeit so richtig gut schmecken lassen. Das zarte Hühnchen aus dem Bambusrohr wird übrigens zum Lieblingsgericht gekürt!
Obwohl wir noch einige erholsame Tage am Strand von Damai und einen schönen Bootsausflug in die Mangrovensümpfe an der Mündung des Santubong-Flusses vor uns haben, wird es doch Zeit, diesen Bericht über unsere Borneo-Reise im Juni/Juli 2015 zu beenden. Sehr gern werden wir Ihnen behilflich sein, wenn Sie weitere Informationen zur Vorbereitung einer Borneo-Rundreise oder Ihrer Borneo-Individualreise mit EAST ASIA TOURS benötigen.
Wir danken Diethelm Travel Malaysia und in Sarawak besonders Nikki und Poh Heng für die tolle Unterstützung!
Ihnen vielen Dank dafür, dass Sie unsere aufmerksamen (und ausdauernden) Leser waren.
Bis zur nächsten Reise!
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